Dorfkirche Karwe

Karwe

Wenn man die Dorfstraße von Karwe entlangfährt, fällt einem schon aus der Ferne der majestätisch wirkende, weit in die Höhe strebende achteckige Kirchturm auf. Auf der Turmspitze ein Wetterhahn; ein ungewöhnliches Symbol für eine protestantische Dorfkirche. Nähert man sich der Kirchengelände, ist es dann das Kirchhofsportal, das den Blick bannt – eine aufwändige, dreiteilige Toranlage, die 1844 in neogotischen Formen errichtet wurde.

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Die Kirche selbst ist ein schlichter gotischer Saalbau, die in ihrem älteren Ostteil (etwa um 1300) aus schichtweise versetzten Feldsteinen erbaut und wenig später um einen aus Feldstein und Backstein erbauten Westteil ergänzt wurde. 1770 wurde dem südlichen Teil der Kirche noch eine Patronatsloge hinzugefügt.

Der Innenraum der Kirche ist weitgehend schmucklos, aber gerade auch in dieser Einfachheit beeindruckend. Blickt man auf den von korinthischen Pilastern flankierten Kanzelaltar aus dem Jahre 1748, fallen einem am ehesten noch das Kruzifix und ein Leuchterpaar auf, ein Geschenk von König Friedrich III. an Carl Friedrich von dem Knesebeck. Auffallendster Schmuck aber ist die aus Holz gefertigte Patronatsloge mit ihren – auf schlanken Stützen stehenden – sechs Arkadenbögen.

Schöne alte Kirchen werden gerne besichtigt. Ist es das Interesse an historischer Architektur, oder ist es die besondere Ausstrahlung der alten Kirchenräume?

Was sind heilige Räume?

Was sind heilige Räume?

Die Kirche - ein Raum der Möglichkeiten (Otto Wynen)

„Sehen Sie“, fuhr Haller fort, „dieser kleine Vorplatz mit der Araukarie, der riecht so fabelhaft, ich kann hier oft gar nicht vorbeigehen, ohne eine Weile haltzumachen. Auch bei Ihrer Frau Tante duftet es ja gut und herrscht Ordnung und höchste Sauberkeit, aber der Araukarienplatz hier, der ist so strahlend rein, so abgestaubt und gewichst und abgewaschen, so unantastbar sauber, dass er förmlich ausstrahlt. Ich muss da immer eine Nase voll einatmen – riechen Sie es nicht auch?“

Wer da so vom kleinbürgerlichen Ordnungs- und Reinheitssinn schwärmt, das ist der Steppenwolf. Äußerlich ein Mensch, aber im Grunde ein Wolf, der in der Steppe lebt. Das Buch von Hermann Hesse wurde Anfang der siebziger Jahre von einer jungen Generation verschlungen. Es war die Bibel der Aussteiger, der Konsumverweigerer und Hippies.

Was mich aber an dieser Stelle interessiert, ist die intensive Raumbeschreibung. Das Treppenhaus, als Raum betrachtet, könnte man als einen Zwischenraum betrachten, einem Zwischenraum zwischen dem Außenraum und dem Innenraum.

Aber ganz gleich, ob Innenraum oder Außenraum, was alle Räume miteinander verbindet – und an dieser Stelle exemplarisch ausgeführt wird -, ist die sonderbare Eigenschaft des Raums, den Menschen zu durchdringen. Der Steppenwolf riecht, sieht und spürt den Raum. Er taucht ein in die Atmosphäre dieses Treppenhauses.

Auch wir, auch wenn niemand von uns ein Steppenwolf ist, haben ein ganz besonderes Sensorium für Räume; ja auch wir spüren, erfahren auf Anhieb die Atmosphäre eines Raums. Wir nehmen das Licht und die Formen und Farben eines Raums wahr, die Töne und Geräusche und natürlich auch die Gerüche und Temperatur. Und die Gesamtheit all dieser Eindrücke, setzen wir in einem Sekundenbruchteil – ohne, dass wir uns dessen bewusst sind – zu einem Gesamtbild, Gesamteindruck zusammen. Und wir empfinden Raum als gemütlich oder ungemütlich, als kalt oder warm, als anheimelnd oder abweisend. Oder wir empfinden eine knisternde oder geheimnisvolle Atmosphäre. Oder – was uns vielleicht hier am meisten interessieren könnte – sie können inspirierend sein. Geistig, kreativ beflügeln. Und Räume können natürlich abweisend oder einladend sein. Das alles liegt im Raum oder: das alles ist der Raum.

Im Alltag registrieren wir all das allerdings nur beiläufig. Wir wären in vielerlei Hinsicht überfordert, wenn wir in jedem Raum, den wir betreten oder durchqueren, die Atmosphäre analysierten. Nein, wir sind Gewohnheitstiere und lieben die Routinen. Wir fühlen uns sicher.

Der Raum einer Kirche oder einer Kapelle ist nochmal ein ganz besonderer Raum. Versuchen wir ihn zu begreifen. Vielleicht ist auch der Kirchenraum ein Zwischenraum – wie das eingangs beschriebene Treppenhaus. Ein Zwischenraum zwischen einem oben einer geistigen Welt und einem unten einer materiellen Welt. Der erste Gedanke eine Frage: ist der Kirchenraum ein widersinniger Raum? Braucht Gott einen Raum? Außer dem in unseren Herzen? Ist Gott, ganz gleich ob er, sie oder es, nicht allumfassend? Etwas oder jemand, dem wir mit unseren menschlichen Vorstellungen und Kategorien, in keiner Weise gerecht werden können? Ist Gott nicht unfassbar? Und zugleich überall?

Dann brauchen vermutlich, ja wahrscheinlich, wir Menschen diesen Ort, diesen Kirchen-Raum. Als Kontaktraum. Als Transformationsraum. Als Raum in dem wir in Gemeinschaft den Kontakt zu Gott suchen. Und herstellen.

Ich schlage vor: Beginnen wir die Kirche als Möglichkeitsraum zu begreifen, können wir sie mit Leben füllen. Mit Geist. Mit Energie. Mit unseren Träumen. Hier und da geschieht dies schon. Kirchen sind überall.

Unsere Kirche…

Kirche aus Wörtern

Unser nächstes Ziel: Die Kirche in Wustrau

Von Karwe nach Wustrau (4,6km)

In Karwe folgt Ihr der Langen Straße und radelt (Straße) bis Ihr auf die L164 trefft. Dort biegt Ihr rechts ab und fahrt über Altfriesack auf einem Radweg nach Wustrau. Hier biegt Ihr rechts in die Zietenstraße ein um zur Kirche zu gelangen.
Einkehrmöglichkeiten gibt es in

Altfriesack: Gasthof Alte Fischerhütte und Fischerhütte Pfefferkorn
Wustrau: Cafe Constance, Gasthof zum Alten Zieten